Greenwashing

Grünfärberei!

Ein Großteil der Stromversorger in Deutschland verkauft deutlich weniger Ökostrom an seine Kundschaft als in der Vergangenheit angegeben. Ihr CO2-Fußabdruck ist folglich größer als gedacht.

Greenwashing heißt der Versuch, ökologisch besser zu scheinen als zu sein. Herausgekommen ist diese (legale) Schummelei deutscher Energiekonzerne, weil der Ökostromanbieter Lichtblick genauer wissen wollte, wie grün die Konkurrenz aufgestellt ist. Und deshalb das Hamburg Institut, ein unabhängiges Forschungsinstitut, beauftragte, sich deren Strommix genauer anzuschauen. Hilfreich war dabei eine gesetzliche Veränderung, die seit 1. November greift. Alle Versorger müssen nunmehr die Stromnennzeichnung auf ihren Internetseiten und in den Rechnungen für Kund*innen ausweisen: Wie viel Strommengen kaufen sie dazu, wie viel Kohle-, wie viel Atom- oder erneuerbaren Strom.

In seiner Analyse hat das Hamburg Institut die neuen Stromkennzeichnungen von 35 Versorgern mit deren Angaben aus dem Jahr 2020 verglichen. Das Ergebnis: Der Grünstromanteil im Unternehmensmix der Vertriebe ist nach der neuen gesetzlichen Regelung um bis zu 56 Prozentpunkte niedriger als nach der alten Regel.
So betrug der ausgewiesene Ökostromanteil im Unternehmensmix von E.ON im Vorjahr noch 56 Prozent – in der neuen Kennzeichnung sind es nur noch 10 Prozent (minus 46 Prozent). Bei EnBW sinkt der Grünstromanteil von 65 auf 23 Prozent (mins 42 Prozent), bei Vattenfall von 66 auf 17 Prozent (minus 49 Prozent) und bei EWE von 51 auf 19 Prozent (minus 32 Prozent). Den größten Rückgang verzeichnen bei den untersuchten Versorgern die Stadtwerke Kiel von 60 auf 4 Prozent (minus 56 Prozent).
Im Gegenzug steigen die ausgewiesenen CO₂-Emissionen pro Kilowattstunde Strom deutlich an. Denn bei den meisten Versorgern liegt der Anteil klimaschädlicher fossiler Energien im Unternehmensmix höher als im Vorjahr angegeben.

Bis zum Vorjahr hatte der Gesetzgeber Stromversorger verpflichtet, neben den selbst beschafften erneuerbaren Energien auch geförderten Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG-Strom) in ihrer Kennzeichnung auszuweisen. Der rein rechnerische EEG-Anteil hatte aber nichts mit dem Stromeinkauf zu tun. Auf dem Papier wurden die meisten Anbieter mit dem wachsenden EEG-Anteil immer grüner. Im Gegenzug wurden die Anteile Kohle- und Atomstrom und auch die CO₂- Emissionen pro Kilowattstunde kleingerechnet. Erst die Reform des Energiewirtschaftsgesetzes in diesem Sommer beendete das legale Greenwashing.

Das Kurzgutachten des Hamburg Instituts weist allerdings auch darauf hin, dass die Stromkennzeichnung weiter reformbedürftig ist. Denn die neuen Regeln gelten zunächst nur für den Unternehmensmix, der den vollständigen Stromeinkauf eines Versorgers abbildet. Bei der Kennzeichnung einzelner Tarife (Produktmix) müssen die Anbieter auch weiterhin einen rechnerischen EEG-Anteil von bis zu 65 Prozent ausweisen, der die Produkte deutlich grüner erscheinen lässt, als sie sind.

Quelle: Lichtblick

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